
Satelliten-Kommunikation ist die Grundlage unserer modernen Lebensweise. Highspeed-Internet, Streaming-Dienste, mobile Telefonie, Fernsehen – all dies wäre ohne im All herumfliegende Satelliten nicht möglich. In Backnang und der Region sind einige Firmen, die sich mit dieser Technologie beschäftigen, ansässig. Doch dies war lange Zeit relativ unbekannt.
So entstand die Idee „wir brauchen eine Plattform für das Thema Satelliten-Kommunikation“, beschreibt Geschäftsführerin Dilara Betz den Entstehungsprozess. Initiatoren waren die Tesat-Spacecom, die Stadt Backnang und der Landkreis Rems-Murr. Im Dezember 2008 ist dann das Deutsche Zentrum für Satelliten-Kommunikation, kurz DeSK, in Backnang gegründet worden. Gründungsmitglieder waren 13 in der Region ansässige Firmen.
Gebündelte Technologie-Kompetenz
Die gebündelte Satelliten-Kompetenz vor Ort sollte einen Mehrwert für die Region bilden. Von Anfang an war die Finanzierungsfrage des Projekts entscheidend. Mit der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart kam früh ein wichtiger Unterstützer hinzu. Das DeSK bewarb sich beim Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg auf einen Cluster-Wettbewerb für regionale Netzwerke und bekam erste EU-Fördermittel. „Das DeSK hatte sich mit einem Konzept beworben, eine Art Ausstellungsplatz zum Thema Satelliten-Kommunikation zu schaffen, um die hier ansässige Technologie besser nach außen hin zu repräsentieren“, beschreibt die heutige Geschäftsführerin die Anfangszeit.
Im Zuge dieses Projekts sind dann auch Stellen entstanden und neben Sabine Schmauß wurde auch Dilara Betz eingestellt, um das DeSK weiter auszubauen. „Von Satelliten-Kommunikation hatte ich damals keine Ahnung“, schmunzelt Betz, „von Netzwerk-Management und Umsetzung von EU-Projekten dafür umso mehr.“ Das engagierte Team rund um das DeSK war geboren und ist unermüdlich damit beschäftigt, die Akteure der Satelliten-Kommunikation zu verbinden und zu unterstützen.
Mittelpunkt des Netzwerks im Herzen Backnangs
Der Fokus der offiziellen Regierungsförderung liegt in der bemannten Raumfahrt. Ehemaliger Vorsitzender des DeSK und heutiger Ehrenvorsitzender sowie Leiter der Showroom-Führungen Reinhard Schnabel ist ein Urgestein in der Branche. Dieses Ungleichgewicht war für ihn immer Motivation, mit dem Ziel, der Satelliten-Kommunikation ihren Stellenwert zu geben. „Oliver Gerst könnte ohne uns nicht kommunizieren“, die Begeisterung und das Engagement für das Thema bewegt Schnabel auch jetzt im Ruhestand noch.
In seinen Führungen durch den Showroom des DeSK erfahren die Besucherinnen und Besucher viel über die Arbeit des Zentrums sowie über die Technologie und ihre Einsatzgebiete. Untermalt mit Anekdoten aus einer aufregenden Pionierzeit bekommen die Teilnehmenden Einblicke in eine faszinierende Welt, deren Vernetzungsmittelpunkt direkt vor ihrer Haustür in Backnang liegt.
Im Showroom wird Hochtechnologie greifbar
Mit vereinten Kräften, viel Herzblut und wenig Budget wurde der Showroom aufgebaut. „Anfangs waren die Räumlichkeiten noch etwas chaotisch“, das Engagement und die Motivation waren dafür umso größer, das spürt man bei den begeisterten Ausführungen der Geschäftsführerin noch heute.
„Es sollte ein Raum werden, in dem sich die Unternehmen präsentieren können und der breiten Öffentlichkeit die Möglichkeit bieten, diese Hochtechnologie zu erleben.“ Schritt für Schritt hat sich der Showroom entwickelt. Anfangs waren es viele Leihmodelle zum Beispiel von der ESA, der European Space Agency. Nach und nach wurden diese dann durch eigene Modelle ausgetauscht.

Es gab Schülerprojekte, die an den Schulen Exponate für das DeSK gebaut haben. Teilweise befinden sie sich heute noch im Showroom, wie beispielsweise der Wettersatellit, dessen Modell in einer Backnanger Schule entstanden ist. Die Besucher des Showrooms haben so die Möglichkeit, einmal einen Satellit aus der Nähe zu betrachten.
Je nach Originalgröße gibt es Modell-Satelliten beispielsweise im Maßstab 1:10 zu sehen. Die aktuelle Generation der erdnahen Nano-Satelliten erinnert an eine Hifi-Kompaktanlage und sie sind dementsprechend auch in Originalgröße im Showroom.
Fördermittel und wissenschaftliche Projekte
Das DeSK ist von Fördermitteln abhängig. Aus diesem Grund wird immer wieder nach Projekten, Ausschreibungen und Wettbewerben in diesem Bereich gesucht, die dem Zentrum neue Fördermittel gewähren und die Vernetzungsarbeit weiter möglich machen. Auf diese Weise kam auch die Zusammenarbeit mit der Technischen Universität in Berlin zustande.
Diese brauchte für eine Wissenschaftsmission mit vier Nano- Satelliten eine zweite Bodenstation zur Absicherung der Daten. Das DeSK hat sich für diese Aufgabe beworben und den Auftrag erhalten. In den Showroom-Führungen ist dieses Modell das Highlight, denn die Daten können live von den Satelliten empfangen werden. „Wir haben eine riesige Antenne auf dem Dach und können die Daten abrufen“, beschreibt Dilara Betz das System.
Aufgaben des Zentrums für Satelliten-Kommunikation
Die Mitglieder des DeSK kommen aus der gesamten Wertschöpfungskette der Satelliten- Herstellung, von den Komponenten-Herstellern über die Satelliten-Bauer bis hin zu Satelliten-Betreibern. Der Fokus liegt dabei bei den kleineren und mittleren Unternehmen sowie Universitäten und Instituten.
„Wir wollen eine Plattform bieten, die die Großen mit den Kleinen zusammenbringt, die Wissenschaft mit der Wirtschaft verbindet und die interdisziplinäre Vernetzung mit externen Branchen wie der Automobilbranche fördert“, Netzwerk-Profi Betz ist für diese Ziele auf Messen und Kongressen im Einsatz, um möglichst gut informiert zu sein.

zeigt ein Modell im DeSK.
Besonders froh ist das kleine Team des DeSK, dass es auf die wertvolle Unterstützung von ehemaligen Aktiven aus der Branche zählen kann. Einmal mit dem Virus Satelliten-Kommunikation infiziert, lässt es einen nicht mehr los. Reinhard Schnabel ist das beste Beispiel dafür, dass die Weltraum-Mission jung hält.
Aktivitäten des DeSK
Wochenend-Symposium für Abiturienten
Um Nachwuchskräfte für technische Berufe und vor allem für die Satelliten-Kommunikation zu begeistern, organisiert das DeSK am 24. und 25. November bereits zum 14. Mal das DeSK-Wochenend-Symposium.
Schülerinnen und Schüler aus der Oberstufe in Gymnasien können sich an diesem Wochenende aus erster Hand über Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten sowie die Berufsfelder informieren. Das DeSK bietet dieses Info-Wochenende mit namhaften Firmen und Universitäten als kostenloses Angebot samt Hin- und Rückfahrt, Unterkunft und Verpflegung an.
DeSK-Impulse – spannende Vorträge im Bürgerhaus
Jedes Jahr lädt das DeSK interessante Referenten mit galaktischen Themen rund ums Weltall ein. „Vom Urknall in der Hosentasche“ oder „Die Suche nach den Außerirdischen“ – in den letzten Vorträgen wurden spannenden Fragen beleuchtet.
Nächster Termin für einen DeSK-Impuls im Bürgerhaus ist der 20. Mai 2025.
Dilara Betz
Führungen im Showroom
Eintauchen in die Welt der Weltraum-Missionen
Erwartungsfroh schauen zwölf Besucher auf die dunkelblaue Sternenhimmelwand, auf der zwischen leuchtenden Sternen die verschiedenen Umlaufbahnen der Satelliten zu sehen sind. Im Hintergrund raunen die Ventilatoren und scheinen das Motorengeräusch der Satelliten zu bilden. Reinhard Schnabel ist mit 55 Jahren Erfahrung ein Urgestein der Satellitenkommunikation.
Er wird die bunt gemischte Besuchertruppe nicht nur durch den Showroom führen, sondern auch viele spannende Geschichten erzählen. Bereits 1969 war er in Amerika und hat von dortigen Spezialisten lernen dürfen. „Es war Pionierzeit“, beschreibt Schnabel diese Anfänge der Satelliten-Kommunikation.

1964 haben die Amerikaner den ersten geostationären Kommunikationssatelliten bei 36.000 Kilometer in den Orbit gebracht. Diese größten Satelliten scheinen über der Erde zu stehen. Tatsächlich fliegen sie in 24 Stunden um den Äquator und sind damit genauso schnell wie die Umdrehung der Erde. Dies lässt sie scheinbar stehen. Erdnahe Satelliten umkreisen die Erde in einer Höhe bis zu 1000 Kilometer. Diese können wir am Nachthimmel mit bloßen Augen beobachten.
Im mittleren Bereich bis 20.000 Kilometer befinden sich Satelliten, die beispielsweise für das GPS-System zuständig sind. So ein mittelgroßer Satellit wiegt ungefähr 3,5 Tonnen. Im Showroom können die Teilnehmenden der Führung ein Modell im Maßstab 1:5 bewundern. „Ich kann hier keine originalen Satelliten aufhängen“, schmunzelt Schnabel, auch das Material des metallisch schimmernden Modells ist ein anderes. Die Vorstellung von einem echten Satelliten vermitteln die Modelle im Showroom des DeSK jedoch bestens.
Satelliten-Technologie hat sich rasant entwickelt
Anfangs waren für die Satellitenkommunikation große Bodenstationen notwendig, die die Signale empfangen konnten. In den 90er Jahren entwickelte sich die Technologie schnell weiter, so dass wir heute mit Hilfe einer Schüssel mit 80 Zentimeter Durchmesser unser Fernsehprogramm empfangen können.
Mit den lebhaften Erzählungen von Reinhard Schnabel tauchen die Anwesenden ein in den Start einer Rakete, die die Satelliten auf ihre Umlaufbahn bringt. Drei Tanksysteme erzeugen 30 Millionen PS, um die schwere Fracht ins All zu transportieren. Da oben kreisen in der Zwischenzeit über 6000 Satelliten herum. Teilweise haben sie ausgedient und schwirren steuerlos durch den Raum.

Weltraumschrott als Herausforderung
Durch den Blick einer 3-D-Brille erleben die Besucherinnen und Besucher, wie Schrottteile durch den Weltraum rasen und wie voll es da oben bereits ist. Kommunikationssatelliten haben je nach Größe eine Lebenszeit von 5 bis 15 Jahren. Je nachdem wie viel sie korrigiert und gesteuert werden mussten, um in der optimalen Laufbahn zu bleiben, geht der Treibstoff früher oder später aus.
Und dann? „Betankt werden, wie bei Flugzeugen, können die Satelliten aktuell noch nicht“, der Satelliten-Experte schaut in die fragenden Augen seiner Zuhörerschaft und berichtet über die verschiedenen Auswirkungen, die dieser Weltraumschrott hat, sowie die Anstrengungen, die zu seiner Beseitigung bereits unternommen werden.

Gedankenversunken wandert die Gruppe weiter zum nächsten Modell. Gleich kommt wieder Enthusiasmus für die faszinierende Technologie auf, als Reinhard Schnabel an einem weiteren Modell erläutert, wie das Hochgeschwindigkeits-Internet via Satellit funktioniert. Seit den Anfängen hat sich viel weiterentwickelt. Jedoch „ohne Bodenstation funktioniert kein Satelliten-System.
Das Signal des Satelliten muss exakt in die Mitte der Empfänger-Antenne treffen“. Bereits am Modell wird den Anwesenden klar, was für eine große Herausforderung das ist. Im Orbit herrschen zudem noch Sonnenwinde und auch die Raumstrahlung führt dazu, dass Satelliten eine Bewegung in Form einer Acht machen. Wie kommt das Signal zum Empfänger? Seit 1996 entwickelte sich dafür die optische Kommunikation mit Lasertechnik.
Laser-Kommunikation für den Standort Backnang wichtig
Die Entscheidung, in diese neue Technologie einzusteigen, „war für den Standort Backnang extrem wichtig“. Auch moderne Wettersatelliten funktionieren über Laser-Kommunikationssysteme. Die Genauigkeit der Signal-Ausrichtung war die größte Herausforderung bei dieser Technologie. In Backnang steht in der Zwischenzeit ein Fertigungswerk für rund 20 Millionen Euro, das genau dieses Steuerungssystem herstellt.
Zum Einsatz kommt die hochentwickelte und präzise Satelliten-Kommunikation bei der Wettervorhersage sowie Unwetter- und Waldbrand-Warnung. Auch die Koordination bei Lösch-Aktionen großer Waldbrände oder die maritime Navigation erfolgt über lasergestützte Satelliten-Kommunikation.
Ein weiteres Highlight der Führung ist die Zusammenarbeit des DeSK mit der Technischen Universität Berlin. In Backnang betreibt das Zentrum für Satelliten-Kommunikation eine zweite Bodenstation. Vier Nanosatelliten fliegen in einem bestimmten Abstand durch den Orbit und senden ihre Daten auch nach Backnang. Im Modell wird sichtbar, wie die Satelliten zueinanderstehen und kommunizieren.
Auf dem Bildschirm erleben die Teilnehmenden der Führung dann, was das Satelliten-System live überträgt. Da sind aktive Satelliten genauso zu sehen wie Weltraumschrott. Bei den vielen roten und blauen Punkten kann es einem ganz schön schwindelig werden.
Nach einer Station zum Thema autonomes Fahren und einem Ausblick in die Zukunft, in der Raumfunkt und terrestrischer Funk zusammenkommen sollen und die Menschen unabhängig von Einflüssen machen soll, endet die Führung mit dem Versuch, eine Laser-Kommunikation im Showroom stattfinden zu lassen.
Alle Teilnehmenden fiebern mit, während einer der Besucher einen Laser-Punkt über ein Touchpad zum Empfänger navigiert. Als Musik ertönt, steht die Verbindung. Die Teilnehmenden stehen noch beisammen und sind sich einig, dass dieses Eintauchen in eine fremde Welt mitten in Backnang eine gelungene Mission war.
Birgit Schneider
Showroom-Führungen
Die nächsten Führungen im Showroom finden
am Dienstag, 29. Oktober, und am Donnerstag, 21. November,
jeweils um 17.30 Uhr statt.
Fragen und Anmeldungen nimmt Sabine Schmauß unter
sabine.schmauss@desk-sat.com
entgegen.
Fotos: Potthoff